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Masterstudent des Kask & Conservatory verbringt einen Monat in Kampala (Uganda)

Tag 1

Kampala, die Hauptstadt Ugandas, bietet viel, verlangt einem aber auch viel ab. Es ist eine geschäftige Stadt und überall um einen herum passiert ständig etwas. Kaum angekommen, mache ich mich sofort an die Arbeit. Ich stehe vor vielen Herausforderungen – es wird schwierig sein, sie alle zu meistern. Dennoch bin ich zuversichtlich und fühle mich bereit, sie anzugehen. Bei meiner Ankunft treffe ich Benjamin. Er arbeitet seit vier Jahren bei SHAU. Er führt mich durch das Haus, das Mütter aus allen Ecken Ugandas willkommen heißt. Sie alle haben eine Hoffnung: zu lernen, wie sie ihr Kind mit Spina bifida oder Hydrocephalus versorgen können.

SHAU (www.shauganda.org) ist eine Organisation, die gegen alle Formen der Diskriminierung von Kindern mit Spina bifida und/oder Hydrocephalus kämpft. Sie bezeichnet sich selbst gern als „Dachverband“, da SHAU intensiv mit anderen regionalen und internationalen Organisationen zusammenarbeitet und alle Sektoren abdeckt. Child-Help ist einer ihrer Partner.

Einer ihrer bedeutendsten Kämpfe ist der für Inklusion. Über die Betreuung vor, während und nach verschiedenen Operationen hinaus geht es ihnen darum, Eltern und Kindern klarzumachen, dass es trotz ihrer Behinderung Möglichkeiten gibt, durch die Ausübung verschiedener Berufe in der Gesellschaft sozial erfüllend mitzuwirken. SHAU setzt sich für eine inklusive Gesellschaft ein, in der Kinder mit Spina bifida und/oder Hydrocephalus in allen Facetten so akzeptiert werden, wie sie sind.

Tag 2

Ich begegne zum ersten Mal einem Kind mit Spina bifida. Wir beginnen damit, die Folgen dieser Behinderung bei der Untersuchung des Kindes zu besprechen. Was ich sehe, macht mich nachdenklich. Ich empfinde tiefes Mitgefühl für die Mutter, die sich jeden Tag diesem Kampf stellen muss. Das Ziel der SHAU-Mitglieder besteht vor allem darin, Müttern wieder Hoffnung zu geben. Ihre Arbeit beginnt im Krankenhaus (wo die Mütter auf die Operation ihres Kindes warten) und schließt die postoperative Behandlung mit ein.

Tag 3

Ich lerne den fünfjährigen Tawfiq, der Spina Bifida hat, und seine Mutter kennen. Von ihnen erfahre ich, dass als Folge der Behinderung Harn- und Darmprobleme auftreten können. Tawfiq bedeutet auf Arabisch „Erfolg“. Angesichts der tatsächlichen Situation, mit der er seit seiner Geburt konfrontiert ist, erhält sein Name eine noch größere Bedeutung. Das „Haus der Hoffnung“, wie SHAU es nennt, existiert genau aus diesem Grund – um Kinder wie Tawfig aufzunehmen, zu betreuen und darauf vorzubereiten, trotz ihrer Behinderung ein selbstbestimmtes, erfülltes Leben zu führen.

Zur Behandlung der Harn- und Darmprobleme muss ein heikler und wichtiger Eingriff durchgeführt werden, um Infektionen mit schwerwiegenden Folgen vorzubeugen. Ich bin Zeuge der Einführung eines Katheters in die Harnröhre des Kindes, um den gesamten Urin aus seiner Blase zu extrahieren. Mir wird erklärt, dass viele Mütter in dieser Situation oft große Angst haben und lernen müssen, mit ihrem Stress und ihren Emotionen umzugehen, um die Katheterisierung selbst durchführen zu können. Die Schulung darin braucht Zeit. Es mag einfach erscheinen, aber es erfordert Gelassenheit und langsames Befolgen der einzelnen Schritte. Natürlich weint und kämpft das Kind ein wenig, aber daran muss man sich gewöhnen. Dieses Verfahren wird Tawfig selbst erlenen und für den Rest seines Lebens durchführen müssen.

Tag 4

Später treffe ich einen Vater und sein Kind namens Steven. Das SHAU-Team nennt den Jungen jedoch liebevoll Stevie. Sie sind aus dem gleichen Grund gekommen wie Tawfiqs Mutter – um eine Harnableitung mittels Katheterisierung durchzuführen. Stevie wird im November fünfzehn und sein Traum ist es, Arzt zu werden. Da er jetzt schon die Qualitäten einer Führungskraft besitzt, meistert er seine herausfordernde Situation bemerkenswert gut. Mir scheint, er hat bereits ein Maß an Selbstakzeptanz erreicht, das durchaus bemerkenswert und inspirierend ist. Ihn kennenzulernen, war eine Lektion fürs Leben, die ich so schnell nicht vergessen werde. Meiner Meinung nach stellt Stevie ein exzellentes Beispiel für Resilienz dar. Trotz der schwierigen Entwicklung seines Körpers nach der Operation lächelt er ständig. Ich erfahre, dass ihm aufgrund einer schweren Infektion im Unterkörper möglicherweise die Beine amputiert werden müssen und es keine andere Wahl gibt, als eine weitere Operation durchzuführen.

Morgen Früh muss Steven ins CorSu Krankenhaus in Kawuku, Entebbe fahren. Vom House of Hope liegt das Krankenhaus eine Stunde entfernt. Dennoch müssen er und sein Vater früh aufstehen, da der Weg für Steven aufgrund seiner Behinderung ziemlich schwierig ist. Es wird viel länger dauern, bis er dort ankommt. Im CorSu Krankenhaus bereitet er sich auf die Operation vor. In solchen Fällen wird das Kind von einem Psychologen unterstützt, um sicherzustellen, dass es ihm mental und emotional gut geht.

Tag 5

Am 6. Oktober ist Welttag der Cerebralparese. Aus diesem Anlass besuchen wir ein Treffen, an dem auch zahlreiche Vereine teilnehmen. Das Hauptziel des Treffens besteht darin, das Bewusstsein für Spina bifida und Hydrocephalus weiter zu schärfen. Die nationale Koordinatorin Ruth kann an der Sitzung nicht teilnehmen, weshalb sie mir die wichtige Rolle als Stellvertreter übertragen hat. Heute muss ich vor einem informierten Publikum, zu dem auch Mütter und ihre behinderten Kinder gehören, eine Rede halten, die den Kampf von SHAU darstellt.

Weltweit leben mehr als 17 Millionen Menschen mit Cerebralparese. Weitere 350 Millionen Menschen haben eine enge Verbindung zu einem Kind oder Erwachsenen mit Cerebralparese.

Cerebralparese ist eine körperliche Behinderung, die sich auf Bewegung und Körperhaltung auswirkt. Viele Menschen mit Zerebralparese haben andere Seh-, Hör-, Kommunikations- und Mobilitätsbedürfnisse. Die Auswirkungen können von einer Schwäche einer Hand bis hin zu einem fast völligen Mangel an willkürlicher Bewegung reichen.
Es handelt sich um eine komplexe Behinderung:

  • Eins von vier Kindern mit Cerebralparese kann nicht sprechen
  • Eine von vier Personen mit Cerebralparese kann nicht laufen
  • Jeder Zweite hat eine geistige Behinderung
  • Eine von vier Personen leidet an Epilepsie.

Quelle: https://worldcpday.org

House of Hope – Informationsveranstaltung

Mein erstes Wochenende seit meiner Ankunft in Kampala. Nach einer der Eingewöhnung in der ersten Woche nehme ich mir die Zeit, mich auszuruhen und über das nachzudenken, was ich gesehen und erlebt habe. An diesem sonnigen Samstag übernachten wir im House of Hope für eine von Winfred geleitete Informationsveranstaltung. SHAU veranstaltet in seinem Projekt mehrere Informationsveranstaltungen, Treffen sowie Sitzungen, in denen Fragen zu Spina bifida und Hydrocephalus gestellt werden können. Ungefähr zehn Leute kommen heute Morgen und warten geduldig auf den Beginn der Sitzung.

 

Unter diesen Personen sehe ich Väter, Mütter und Kinder jeden Alters, die alle von diesen Behinderungen betroffen sind. Bevor ich mit der Aufnahme einiger Bilder beginnen kann, nehme ich mir die Zeit, mich den Menschen vorzustellen. Das hilft ihnen, sich an mich zu gewöhnen und stellt sicher, dass ich sie während der Sitzung nicht störe. Sobald eine Verbindung zwischen ihnen und mir hergestellt ist, mache ich mich an die Arbeit, indem ich an der Sitzung teilnehme. Das Programm behandelt verschiedene Themen wie „Wie man auf sich gut um sich selbst kümmert“ und die „Bedeutung einer gesunden Ernährung“.

Entebbe – Hausbesuch

Vor genau 61 Jahren erlangte Uganda seine Unabhängigkeit. Diese neue Woche in Uganda beginnt mit einem Feiertag. Ich eile aus meinem Hotel, um zu sehen, wie die Menschen in Uganda diesen bedeutenden Tag in der Geschichte des Landes feiern.

Ich bin etwas überrascht über die mangelnde Begeisterung, die dieser besondere Tag hervorruft. Ich bespreche es mit den Teammitgliedern, und auch sie scheinen sich weitgehend nicht um die Bedeutung des Tages zu kümmern. Das Tagesprogramm besteht aus einem Besuch des berühmten Viktoriasees. Bevor wir uns auf den Weg machen, sagt mir Ruth, dass wir zwei junge Menschen besuchen sollen, die in Entebbe leben und beide einzigartige Geschichten mit mir teilen möchten. So machen wir uns auf den Weg zum Haus eines jungen Mannes namens James.

Wir fahren etwa vierzig Minuten zu James‘ Haus, das sein Vater Anfang der 90er Jahre gebaut hat und in dem James mit seiner Familie lebt. Es liegt an einem staubigen Weg, der von vielen Boda-Bodas und Lastwagen frequentiert wird. In Begleitung von Benjamin und Dora nehme ich mir die Zeit, diesen 19-jährigen jungen Mann mit seinen großen Träumen kennenzulernen.