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Meine Geschichte als Spina bifida-Kämpferin

Da ich das erste Kind war, das in meiner Heimatregion mit Spina Bifida geboren wurde, wussten meine Eltern nicht, was sie tun und wohin sie mit mir gehen sollten. Dies führte dazu, dass eine adäquate Behandlung verzögert wurde. Meine Eltern brachten mich von Arzt zu Arzt, aber es wurde nichts unternommen. Dies betraf nicht nur mich, sondern die ganze Familie, insbesondere meine Geschwister, die wegen fehlender Schulgebühren die Schule verlassen mussten, da meine Eltern das wenige Geld für die Bezahlung von Arztrechnungen ausgaben.

Child-Help hilft daher Kindern mit Spina bifida und ihren Eltern, die Hilfe zu bekommen, die sie brauchen.

Als Kind, das mit Spina bifida geboren wurde, war ich nicht in der Lage, Urin und Stuhl zu kontrollieren, was zu mangelnder Selbstakzeptanz und Ablehnung, insbesondere an öffentlichen Orten, führte. Aufgrund meines Gesundheitszustandes wurde ich beispielsweise nicht in die nahegelegene öffentliche Schule aufgenommen. Daher musste ich jeden Tag über fünf Kilometer zu einer Privatschule laufen, um Zugang zu Bildung zu erhalten. Das Leben in einer Gemeinde mit schlechter Infrastruktur hatte große negative Auswirkungen auf mein Leben als Person mit Behinderung, da Schulen, Krankenhäuser, Banken und andere wichtige Orte für jemanden, der einen Rollstuhl oder Krücken benutzt, nicht zugänglich sind.

Das Schlimmste an einer Behinderung ist, dass die Menschen sie sehen, bevor sie die Person und deren Fähigkeiten sehen.

So sind viele Arbeitgeber oft nicht bereit, Menschen mit Behinderungen Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten, selbst wenn die Person über alle für eine Anstellung erforderlichen Qualifikationen verfügt. Die Welt glaubt immer noch, dass wir unserer Umgebung Unglück bringen.

Ein Geburtsfehler so individuell wie eine Schneeflocke

Spina bifida ist als „Schneeflocken-Geburtsfehler“ bekannt, weil keine zwei Menschen mit Spina bifida die gleichen Erfahrungen machen. Die Auswirkungen und die alltäglichen Erfahrungen treffen jemanden härter als den anderen, aber das macht denjenigen, der es vielleicht leichter hat, nicht weniger bedeutsam. Ich selbst habe einige Jahre im Rollstuhl und auf Krücken verbracht, andere Jahre habe ich unabhängig gelebt. Ich musste mich bis zum Alter von 22 Jahren insgesamt 20 Operationen unterziehen, wobei ich in einem Jahr sieben Operationen hatte. Solche Situationen führten zu Depressionen, mangelndem Selbstwertgefühl, fehlender Schulbildung und endlosen Fragen, besonders wenn man damit rechnet Fortschritte zu machen, aber stattdessen rückfällig wird.

In einigen Gesundheitseinrichtungen verfügt das medizinische Personal immer noch über keine Informationen über die Behinderung Spina bifida, was den Zugang zu Medikamenten erschwert.

Der Mangel an ausreichend Kontinenz-Material war ebenfalls eine große Herausforderung, da in meinem Land keine Katheter produziert werden. Man muss einen Monat lang mit zwei Kathetern auskommen, was zu Infektionen führt. Manche Hilfsmittel sind so teuer in der Anschaffung, dass es schwierig ist, eine adäquate reibungslos durchzuführen. Auch die Verfügbarkeit von Oxybutynin (ein Medikament, das zur Entspannung der Blase bei der Katheterisierung benötigt wird) war ein großes Thema. (Anmerkung: Nun ist es Child-Help jedoch gelungen, dass Oxybutynin in Uganda hergestellt, abgefüllt und in andere afrikanische Länder exportiert werden kann.)

Unsere einzige Hoffnung liegt häufig in Menschen, die etwas spenden.

Liebe, Glaube, Unterstützung

Meine größte Unterstützung kam und kommt immer von meinen Geschwistern und meinen Eltern, insbesondere von meinem geliebten Vater, der mich immer geliebt, an mich geglaubt und meine Mutter in jeder Hinsicht unterstützt hat. Das hat mich glauben lassen, dass ich etwas im Leben erreichen kann. Normalerweise glauben Männer in Uganda, dass behinderte Kinder ein Fluch der Mütter sind. Die Väter laufen häufig von ihren Familien und ihren Pflichten davon. Das macht es für die verlassene Familie so schwierig, im Leben erfolgreich zu sein.

Eine weitere wichtige Unterstützung kam von OURS, einem Rehabilitationszentrum für Kinder mit Behinderungen im Südwesten Ugandas. Child-Help arbeitet seit vielen Jahren mit OURS als Projektpartner zusammen. Dies ist eines von drei Projekten in Uganda, die Child-Help Deutschland finanziell unterstützt. OURS hat mir Rehabilitationsdienste angeboten, Hausbesuche durchgeführt und meine Gemeinde für meine Behinderung sensibilisiert, was zu einer positiven Einstellung der Gemeinde zu mir beigetragen hat. Das hat mir auch die Möglichkeit gegeben, zu lernen, wie ich auf mich selbst aufpassen kann, und mich zu der Kämpferin gemacht, die ich heute bin.

Durch OURS hatte ich die Möglichkeit, mich verschiedenen Operationen zu unterziehen, die meine Gesundheit, insbesondere meine Spina bifida-Behinderung, positiv verändert haben. Heute weiß ich, wie ich mit Spina bifida umgehen und glücklich damit leben kann. Ich habe über OURS Seminare besucht, vor allem darüber, wie ich ein unabhängiges Leben führen kann.

Außerdem habe ich über OURS an einer Kontinenz-Schulung teilgenommen, die mir geholfen hat, mich sauber zu halten und Infektionen zu vermeiden. Ein Community Rehabilitation Center hat meiner Gemeinde geholfen, mehr über Spina bifida und viele andere Behinderungen zu lernen, was die Stigmatisierung in meiner Gemeinde und Schule verringert hat.

Durch den Beitritt zu Jugendgruppen habe ich vor allem von anderen Jugendlichen mit der gleichen Behinderung gelernt und Erfahrungen ausgetauscht. Das hat mir gezeigt, dass ich nicht allein bin und mit meiner Behinderung ein erfülltes Leben führen kann.

Unterstützer*innen und Freunde, die zu Familienmitgliedern geworden sind, haben meinen akademischen Weg finanziell unterstützt. So konnte ich zu der werden, die ich heute bin. Meine Eltern konnten mich finanziell nicht unterstützen.

Mein Mentor war meine Quelle der Inspiration und der Kraft. Mein SHIP-Koordinator hat mich mit Informationen über meine Erkrankung ausgestattet und mir beigebracht, wie ich ein unabhängiges Leben führen kann. (Anmerkung: In dem von Child-Help entwickelten SHIP-Pass werden alle Behandlungsinformationen zu einem Kind mit Spina bifida gebündelt.)

Nicht zuletzt schätze ich mich auch selbst als Quelle der Unterstützung, weil ich angefangen habe, an mich zu glauben und mir selbst Kraft gegeben habe. So habe ich begonnen, mein Leben zu lieben und zu akzeptieren. Das hat auch meinem Umfeld Hoffnung gegeben. So konnte ich zu einem Beispiel für jüngere Menschen mit Spina bifida und ganz besonders für junge Mütter werden, die keine Hoffnung mehr für ihre Babys haben.

Eine Person besteht aus mehr als einer Dimension

Sensibilisierung und Aufklärung sollten in unseren Gemeinden, Schulen und Krankenhäusern erfolgen, damit möglichst viele Personen lernen, mit Menschen mit Behinderungen umzugehen, sie zu schützen und zu stärken. Durch Sensibilisierung und Aufklärung können Frauen und junge Mädchen mehr über Folsäure erfahren und so Spina bifida präventiv vorbeugen.

Ich wünschte, die Menschen könnten erkennen, dass Personen mit Behinderungen auch Menschen sind. Es ist interessant, wie wir eine Person nur eindimensional sehen und dabei vergessen, dass er/sie ebenfalls ein Mensch ist. Wenn wir eine Person sehen, vergessen wir oft, dass das Leben dieser Person aus verschiedenen Seiten besteht und nicht nur aus der Art und Weise, wie wir sie in einer isolierten Umgebung erleben. Manchmal vergessen die Menschen, dass eine Person mit Behinderung in erster Linie ein Mensch mit Wünschen, Fähigkeiten und Talenten ist, genau wie jeder andere Mensch auch. Daher müssen wir den Stimmlosen eine Stimme und eine Schulter zum Anlehnen geben.

Trotz der Herausforderungen konnte ich die Grundschule mit einer erfolgreichen Abschlussprüfung beenden. Vier weitere Jahre lang besuchte ich die weiterführende Schule, die ich ebenfalls erfolgreich mit dem Bildungsabschluss beendete. Danach trat ich einer Einrichtung für Sozialarbeit und soziale Entwicklung bei, wo ich ein nationales Zertifikat in Sozialarbeit und Sozialverwaltung erwarb.

Pläne für die Zukunft

 

Ich habe gerade ein einjähriges Praktikum bei der Lebenshilfe-Werke GmbH in Trier absolviert. Dies war eine große Chance und ein großer Schritt in meinem Leben: Ich habe mir neue Kenntnisse über die Kultur, über verschiedene Behinderungen angeeignet und mehr Unabhängigkeit gewonnen. Ich habe an Hausbesuchen und Gesprächsrunden teilgenommen, um Gemeinden für Spina bifida und Hydrocephalus zu sensibilisieren und darüber aufzuklären.

Mittlerweile spreche ich Deutsch auf einem guten Niveau. Wenn ich nach Uganda zurückkehre, werde ich viele neue Erfahrungen und Fachkenntnisse mitnehmen.

Für die SBH-Community gibt es keine Behinderung oder kein Wörterbuch, das uns klar definieren kann, wer wir als Person sind. Erst wenn wir aus dieser beschrifteten Box heraustreten, werden unsere Fähigkeiten vollständig erkannt. Nur so können wir definieren, wer wir als Individuen wirklich sind.

Lebenslange Pflege ist das, was wir brauchen. Wir können es gemeinsam schaffen!